Wenn die Tante dem Kind etwas schenkt, achtet die Mama darauf, dass es früh lernt, „Danke“ zu sagen. Müssen das nur die Kinder oder ist das auch etwas für dich und mich?
- Einmal machte ich mir Gedanken, warum meine pubertierende Tochter immer wieder dringend „etwas brauchte“, aber vergaß, ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen… und während ich sinnierte, spürte ich, wie mein himmlischer Vater mir grinsend in die Karten guckte… ohne Worte! Plötzlich fiel es mir wieder ein: ich hatte die letzten Tage Segen über Segen erlebt, Behandlungen von Schwerkranken, denen es nachhaltig besser ging… vielleicht war es an der Zeit, dass ich auch mal wieder „Danke“ sagte.
- Ein Mal kam eine Russin zur Behandlung, der es wirtschaftlich „sehr gut ging“. Ob sie nur vermögend oder gar Oligarchin war, vermochte ich nicht zu beurteilen, jedenfalls war ihre Mutter krebskrank und sie fragte meine Frau: „Ihr Mann betet doch für Patienten. Was kostet Gebet?“ Schmunzelnd hatte sie ihr vorgeschlagen, dass sie einfach mal einen Termin für ihre Mutter vereinbart und wir das dann im gemeinsamen Gespräch erörtern könnten. Bei diese Begegnung stellte sich heraus, dass die Tochter mit einem Ingenieur verheiratet war, der international aktiv war und wöchentlich zwischen Moskau, Nizza und Frankfurt hin und herflog, natürlich mit Ehefrau. Und die Großmutter kümmerte sich um die Tochter, die eine gute Erziehung und einen geregelten Schulbesuch haben sollte. Ohne den Einsatz der Großmutter war diese Planung nicht darstellbar.
- Ich habe der russischen Großmutter Fragen gestellt und die Tochter übersetzte. Dann fragte ich die Tochter: „Haben Sie schon mal ein Gebet übersetzt?“ „Nein, noch nie, ich weiß nicht ob das geht…“ Als sie meinen ersten Satz übersetzte, antwortete die Mutter schnell auf Russisch: „Du brauchst nicht zu übersetzen, wenn Herr Doktor betet, verstehe ich jedes Wort.“
- 2 Wochen später bekam meine Frau einen Blumenstrauß, den größten, den sie jemals bekommen hatte. In diesem waren 2 Dosen Kaviar versteckt. Als Ulrike sich bei der Tochter nach dem Verlauf erkundigte, war diese noch ganz überwältigt: die Mutter war unmittelbar vor der Operation noch einmal abgetastet worden und weil der Knoten in der Brust nicht zu finden war, wurde die Ultraschalluntersuchung wiederholt und schließlich die OP abgeblasen. Die Ärzte hatten sich entschieden, sie wieder nach Hause zu schicken: „Spontanheilung… ist zwar selten aber das hört man immer wieder!“ Wochen später, an einem Gründonnerstag, stand die Tochter wieder in der Tür. Sie wollte keine Behandlung, trippelte ein wenig hin und her: „An welche Gemeinde kann ich eine Spende machen? Ich kann doch nicht Ostern feiern, ohne vorher zu danken?“ Wie ich später hörte, musste sie ihr Gewissen mit 1.000 Euro entlasten. So geht „Danken“
Ein dankbarer Lebensstil
- Heute war ich wieder zum Hausbesuch bei einer alten Dame. Sie war 99, als wir uns kennenlernten. Inzwischen hat sie den 102. Geburtstag gefeiert und freut sich auf das 35. Ur-Enkelchen. Wenn ich sie frage, „Wie geht es Ihnen, haben Sie Schmerzen?“ antwortet sie meist: „Schmerzen habe ich keine, ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern.“ Die Wahrheit ist, dass sie immer mal wieder stürzt, weil sie ohne das anzukündigen, aus dem Bett aufsteht und eine Runde um den Block macht mit dem Rollator. Manchmal fehlt dann die Kraft für die letzten Meter nach Hause und dann liegt sie auf der Straße. Das letzte Mal hatte ich sie gefragt, warum sie denn wieder einen Arm gebrochen hatte. Da antwortete sie spontan: „Ich kann doch nicht den ganzen Tag im Bett liegen…“ Und dann erzählte sie ganz ergriffen von dem jungen Paar, das sie gefunden und ihr geholfen hatte, bis der Rettungswagen eingetroffen war. „Er hat meinen Kopf gehalten und mich getröstet wie eine Mutter. Ich werde nicht aufhören, für ihn zu beten.“
- Wahrscheinlich hat der junge Mann keine Vorstellung davon, warum sein Leben an diesem Abend eine entscheidende Wendung nahm. Die alte Lehrerin versichert mir jedenfalls immer wieder: „Ich muss nicht alles wissen und können. Das einzige wichtige Wort ist „Danke“. Und sie dankt auch für mich und mir geht es gut.
Danken im Alltag
- Unsere Enkelchen bedanken sich jedesmal ganz förmlich, wenn sie zum Essen eingeladen werden und wenn sie ihre Lieblingsspeise bei Oma und Opa bestellen dürfen.
- Wenn ich es nicht vergesse(!), bedanke ich mich auch bei meiner Frau für das Essen aber wenn ich mich genau besinne, gibt es mindestens genauso häufig kritische oder behutsam korrigierende Bemerkungen, natürlich in bester Absicht… diese fallen einem irgendwie leichter, für das Danken muss man sich immer erst entscheiden.
- Bei einem IVCG-Seminar (Internationale Vereinigung Christlicher Geschäftsleute) hatte ein Schweizer Bankvorstand eine gute Rede gehalten und wurde beinahe mit standing ovations gefeiert. Plötzlich eine Geste und es wurde still. „Haben Sie alle etwas zum Schreiben in der Hand?“ Damals schrieben noch alle manuell und auf echtem Papier. Ich war unwillig und wollte raus. Aber er bestand darauf: „Niemand verlässt den Saal, ohne eine letzte Aufgabe zu erfüllen! Bitte schreiben Sie in einem Satz, was sie ab heute anders machen wollen. Das versprechen wir hier feierlich vor Gott.“ Den Anderen ging es wie mir: plötzlich war wieder ein Tiefgang, den man nicht oft empfindet, und ich schrieb: „Ich will ab jetzt das Nachhause-Kommen im Gebet vorbereiten!“
- Diesen Zettel legte ich mit dem Hausschlüssel zusammen in die Schublade, die ich öffnen musste, bevor ich die Praxis verließ. Es dauerte ein, zwei Tage, da fragte meine Frau: „Was hast du gemacht, du bist ganz anders?“ Alles wurde zuverlässig anders, als ich dem Herrn täglich für meine Frau und Kinder dankte und mich freute, wenn ich rechtzeitig zu Hause war.
Dankbarkeit ist ein Schlüssel
- Dankbarkeit und Höflichkeit liegen dicht beieinander. Wirklich dankbar zu sein ist mehr als eine Floskel. Das ist ein Lebensstil, der Freude verbreitet und neue Dankbarkeit auslöst. Dankbarkeit ist gesünder als Neid, Missgunst und Rechthaberei. Dankbarkeit schafft einen Raum, in dem andere sich wohl fühlen und geborgen.
- Dankbarkeit ist ein Schlüssel zum Herzen des Gegenüber. Wenn du einem Menschen dankst, wird er anders, wenn du eine Beschwerde anders verpackst und dankst für das, was gut gelaufen ist anstatt zu schimpfen, was nicht gut war… Der Schwabe sagt: „Net gschimpfd isch gnug globd!“ (Nicht geschimpft ist genug gelobt ) aber das Gegenteil ist wahr.
- Danken lernen wir in den Psalmen. Der Psalmist baut darauf, dass er länger lebt, damit er länger danken kann.
- Ps 6,6 Denn im Tode gedenkt man deiner nicht; (a) wer wird dir bei den Toten danken?
- Ps 30,10 Was nützt dir mein Blut, wenn ich zur Grube fahre? Wird dir auch der Staub danken und deine Treue verkündigen?
- Ps 42,6 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.
- Ps 50,23 Wer Dank opfert, der preiset mich, und da ist der Weg, daß ich ihm zeige das Heil Gottes.«
- Dankbarkeit ist ein Schlüssel zum Herzen Gottes.
Wie dankst du?
- Wir alle kennen das Erntedankfest. Wer einmal ein amerikanisches Thanksgiving gefeiert hat, wird sich an den ein oder anderen Truthahn erinnern, den es zu vernichten galt. Diese Party kommt viel näher an die jüdische Art zu feiern als die deutsche.
- Die Juden feiern Purim, ein Fest der Freude, das an die Rettung des jüdischen Volkes vor der Verfolgung erinnert. Es wird mit bunten Verkleidungen, Festmählern, Geschenken, Spenden und ausgelassener Stimmung gefeiert. Trauerreden und Fasten sind an diesem Tag verboten – ganz im Gegenteil: Es wird gefeiert, gelacht und getanzt. So stellt Gott sich Dank und Gemeinschaft mit uns vor… nicht schlecht oder?